Gemeinde Wachtberg

Kunst als Prozess - ‚allesausserordentlich’ bei Monika Clever

Bildergarten mit (v.l.n.r) Elisabeth Wankerl, Betty Kahmann, Gitta Briegleb und Monika Clever. (Foto. Gemeine Wachtberg/mm) Wachtberg-Niederbachem (mm) – „Ist das Kunst?“ werden sich die Gäste gefragt haben, die zum ersten Mal zu Besuch in Monika Clevers Bildergarten waren, zu dem die Niederbachemer Künstlerin auch in diesem Jahr wieder im Rahmen der Wachtberger Kulturwochen in ihren Garten eingeladen hatte. „Kunst ist für mich nicht nur ein fertiges Produkt, sondern immer ein Prozess“, beschreibt diese dann auch ihre Arbeit.

2014 Wachtberger Kulturwochen (Banner, schmal)

 

 

 

Monika Clever, deren zwei Pinsel im hochgesteckten Haar beinahe schon so etwas wie ihr Markenzeichen geworden sind, sieht sich eher nachrangig als bildende Künstlerin, sondern versteht sich in erster Linie als Konzeptkünstlerin.

Bildergarten Monika Clever (2.v.r.): Dr. Dieter Braun (re.) eröffnete die Ausstellung. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)
Mit ihren Installationen und unterschiedlichsten Arrangements möchte sie Anregungen und Denkanstöße geben und nicht zuletzt den Betrachter emotional erreichen.
Voraus geht ihren Events immer eine lange Zeit der Planung. Ein ganzes Jahr lang widmet sie sich einem Thema, spielt mit passenden Begrifflichkeiten und visualisiert diese auf verschiedene Arten.

In diesem Jahr hatte Clever ihren Bildergarten „allesausserordentlich“ betitelt; alles drehte sich um Ordnung, Unordnung und Außerordentliches.


Ordentlich? Unordentlich? Außerordentlich?

„Sind Sie ordentlich oder unordentlich? Vielleicht kommen Sie auch zu dem Schluss, dass Sie außerordentlich sind?“ fragte Dr. Dieter Braun in seiner Einführungsrede zur Eröffnung der Ausstellung die Anwesenden. Eine Meisterin der Sprache sei die Gastgeberin, fuhr er fort. In Monika Clevers Bildergarten, war er sich sicher, sei man in etwas Außerordentlichem.Bildergarten Monika Clever: Ordnung ist das "halbe" Leben. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)

Beklemmende Ordnung

An verschiedenen Stationen hatte Monika Clever in ihrem Garten Objekte installiert, die sich mit Ideenreichtum und Sprachwitz dem Phänomen Ordnung / Unordnung widmeten.
Da gab es die notwendige Ordnung, um Dinge wieder zu finden, aber auch die überflüssige, deutlich gemacht an einer Sammlung Zeitschriften, fein säuberlich aufbewahrt in einem Regal, betitelt mit „ausgelesen“, oder die alten Schuhe, „vollgestopft“, die sich in einer Glasvitrine stapelten.

Bildergarten Monika Clever: Ordnung kann auch Besitz ergreifend sein - verdeutlicht mit großem Kissen über kleinem Sessel. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)
Und wer kennt sie nicht, die beklemmende Ordnung? Kissen repräsentieren dies bestens, fand die Künstlerin, und hatte in drei Holz-Boxen drei Szenen aufgebaut: ein geknifftes Kissen auf dem Sofa zeigte sich ordentlich, eine Kissenschlacht mit vielen Kissen stand für zu viel Ordnung und im dritten Kasten stülpte sich ein überdimensional großes Kissen gar über das Sofa – Ordnung kann auch erdrücken, Besitz ergreifen.


Bildergarten: Monika Clevers Bronze-Objekte. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)Ordnung und Unordnung werden individuell unterschiedlich empfunden. Das zeigte Clever auf amüsante Art und Weise an der Station „aufgesockelt“; dort hatte sie auf mannshohen Holzbalken ausgequetschte Tuben angebracht. Sicher schmunzelte da der eine oder andere Besucher – in Gedanken an zerdrückte Zahnpastatuben, die mitunter Anlass für Beziehungsstress sein können. Zu kurz gedacht, denn Monika Clever hatte hierbei nicht nur alltägliche Badszenen im Sinn, sondern wollte damit auch anprangern, dass manche Banalität alleine dadurch, dass sie auf einen hohen Sockel postiert wird, eine völlig unangemessene Wertigkeit erhält.

An die Zahnpasta hatte sie wohl eher mit „ausgequetscht“ gedacht, ihre neuesten Bronzearbeiten in Form von zerdrückten Tuben.

Bildergarten: Monika Clevers Schattenbilder. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)
Und Clevers bekannte Schattenbilder durften natürlich auch nicht fehlen.
In den Bäumen hängend, auf speziellem Outdoor tauglichem Material gedruckt, zeigte sie Schattenfotos – sie selbst beim Putzen mit leuchtend rot markierten Besen.

Oder, „ausgekämmt“ und „aufgeschüttelt“, eine Schattenbilder-Serie ihrer langen Haare.
Bildergarten Monika Clever: Ordnen erwünscht … Clevers Vasen-Installation. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)


Ordnung zum Mitmachen

Auch zum aktiven Mitmachen lud Clever ihre Gäste wieder ein. An einem kleinen Baum, dem „Meinungsbild“ konnten sich diese mit farbigen Bändern als ordentlich, unordentlich oder außerordentlich outen. Zum Ende der Ausstellung zierte ein bunter Bändchen-Mix die Zweige.

Bildergarten Monika Clever: Ordnen erwünscht ... sogar getürmt wurden die Vasen. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)
Nicht nur abstimmen, sondern zum Ordnen praktisch aufgefordert wurden die Gäste an Clevers großem Vasen-Tisch, „aufgestellt“. An der mit rund 65 weißen, unterschiedlich großen und geformten Vasen bestückten Station sollten die Gäste diese nach ihrem ganz eigenen Ordnungsprinzip sortieren. Hier entwickelte sich schnell ein reges Räumen, Heben, Umsetzen und manch angeregte Diskussion, wo denn nun welche Vase zu stehen habe.

Bildergarten Monika Clever: Flicken erlaubt, hieß es bei Elisabeth Wankerl. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)

 

Ordentlich gestrickt

Ebenfalls Hand anlegen konnten die Besucher an den Arbeiten von Elisabeth Wankerl, eine der drei Künstlerinnen, die Monika Clever zu sich in den Bildergarten eingeladen hatte. Wankerl verarbeitet alte Videobänder und führt die darauf festgehaltenen Erinnerungen so einer neuen künstlerischen Bestimmung zu. Sie hatte ein großes Netz aufgehängt, „geflickt und zugenäht“, und forderte die Gäste auf, die darin sichtbaren Löcher zu flicken. Manch eine flinke Hand griff zu den bereit gelegten Bändern und flocht die Teile, die Erinnerungslücken, wie Wankerl sie bezeichnete, wieder ordentlich aneinander. Erinnerungen wach rufen, das symbolisierte auch ein ebenfalls aus Videobändern gestricktes Kleid, das sie oben in den Baumwipfeln ‚zum Erinnerungen-Lüften’ installiert hatte.

Außerordentlich gemalt

Bildergarten Monika Clever: Die „Punkerin“ und die „Bananenfrauen“ von Gitta Briegleb. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)
Nicht fehlen durfte, sie ist seit dem ersten Bildergarten mit dabei, Gitta Briegleb. Die Künstlerin zeigte sechs hochformatige Bilder und überraschte mit ‚Außerordentlichem’ – mit ungewohnter Farbigkeit und verschiedenen Themen. Da standen Szenen einer Ansammlung von jungen, Kopftücher tragenden Mädchen, die Abbildung eines weder als Frau noch als Mann zu erkennenden Menschen mit dickem Bauch, die Darstellung einer frechen Punkerin, die lustig anzusehenden, von Briegleb so genannten Bananen-Menschen und der Blick auf zwei Frauen in einem Rosengarten einvernehmlich nebeneinander. Einzig das Bild eines Kopfes vor rot-goldenem Hintergrund nahm eine Sonderposition ein.


Bildergarten Monika Clever: Objekte aus Naturmaterialien von Betty Kahmann. (Foto: Gemeinde Wachtberg/mm)Alles ordentlich gesammelt

Ihren besonderen Blick für die Schätze der Natur bewies Betty Kahmann, die Dritte im Bunde der eingeladenen Mitausstellerinnen in Clevers Bildergarten. Sie stellte Arbeiten aus Naturmaterialien vor. „Mir ist wichtig“, erklärte Kahmann ihre Werke, „Sachen, die man draußen übersieht, in einen neuen Zusammenhang mit Farbe und Licht zu setzen.“ Anschwemmholz, Weidenäste, Eukalyptuskapseln, Eichelhüllen, Weidenkätzchen und vieles mehr werden bei ihr, in mühseliger Feinarbeit mit Farbe bemalt und filigran angeordnet, zu Kunstwerken mit ganz eigenem Charme.

Außerordentlich besucht

Bildergarten Monika Clever: Klezmer-Musik mit Conny Brüssel (Keyboard) und Joshua Enger (Saxofon). (Foto: Monika Clever)
Dass Monika Clevers Bildergarten inzwischen ein fester Bestandteil der Wachtberger Kulturwochen ist, bewiesen nicht zuletzt auch die zahlreichen Besucher.

Besonders gute Laune kam bei diesen auf, als sonntags die jungen Musiker Conny Brüssel am Keyboard und Joshua Enger auf dem Saxophon Klezmer-Musik spielten. Da wurde sogar das Tanzbein geschwungen. Bildergarten Monika Clever: Auftritt des „lindividuellen“ Gastes, Alfredo Kirchner als Imitator von Udo Lindenberg. (Foto: Monika Clever)

Außerordentlich treue Fans waren auch die rund zwanzig Gäste, die sich trotz strömenden Regens montags zu der Führung durch die Gastgeberin einfanden und dem anschließenden Auftritt des „lindividuellen“ Gastes, Alfredo Kirchner als Imitator von Udo Lindenberg, begeistert lauschten. Einzig das etwas verhaltene Beifallklatschen musste dem Wetter geschuldet werden … mit einem Glas in der einen Hand und dem Regenschirm in der anderen war das doch etwas schwierig.