Der Liebe Lust und Leid, von Sehnsüchten und Abschieden

Einander nicht gekannt und doch gleich
Der Eine war schon vor über 30 Jahren gestorben, da wurde der Andere erst geboren. Als dieser sich der Musik zuwandte, lag schon eine ganze Musikepoche zwischen ihnen. Und doch finden sich im Liedgut der beiden, Franz Schubert der Eine und Hugo Wolf der Andere erstaunliche Parallelen in der Ausdrucksweise. Obwohl Franz Schubert der Klassik und Hugo Wolf schon der Romantik zuzuordnen ist, hatten beide doch eine sehr ähnliche Art und Weise, bestimmte Themen musikalisch aufzuarbeiten. So sind beide in ihren Lied-Kompositionen immer nah am Textgut geblieben, haben sich eher an der Lyrik orientiert und die Musik daran ausgerichtet als umgekehrt.
Lieder über Erinnerungen, Sehnsucht und Abschied
Die Lieder, die Nico Heinrich für dieses mit „Erinnerungen, Sehnsucht und Abschied“ betitelte Eröffnungskonzert ausgewählt hatte, verdeutlichten dann auch schnell die Gemeinsamkeiten der beiden Komponisten. Aus allen Liedern klang in ihrer Grundstimmung eine innere Ruhe. Seien es Schuberts „Am Meer“ zu einem Text von H. Heine, die „Liebesbotschaft“ zu einem Text von L. Rellstab, die „Sehnsucht“ zu Lyrik von J. G. Seidl oder Wolfs Lieder „Keine gleicht von allen Schönen“ zu einem Text von Lord Byron, „An eine Äolsharfe“ und „Auf einer Wanderung“ nach Stücken von E. Möricke oder der „Nachruf“ zu einem Text von J. von Eichendorff, allen gemein ist ein ruhiger Grundton.
Heinrich arbeitete diese bei allen Liedern durchklingende Stimmung fein nuanciert heraus. Perfekt am Klavier begleitete ihn Jihun Yu. Die junge Koreanerin und Nico Heinrich überzeugten als gut aufeinander eingespieltes Duo.
Ebenso harmonisch wie unaufdringlich war ihrer beider Zusammenspiel, was den Grundtenor der dargebotenen Lieder umso mehr vertiefte und die in den Liedern thematisierten Gefühlsregungen wie Sehnsucht, Verliebtheit und Verlust als genau das transportierten, was sie sind … sehr persönliche, im tiefsten Innern des Menschen angesiedelte Emotionen.
Kleine Unterschiede
Nur in einzelnen, kleinen Passagen konnte man zuweilen Unterschiede zwischen den großen Komponisten des Abends ausmachen.
So klingt bei Schubert, dessen Kompositionen meist melancholisch angehaucht sind, die Vertonung von J. G. Seidls „Taubenpost“ beinahe leicht, fast meint man, die Tauben vergnügt hüpfen zu hören. Es ist eines seiner letzten Lieder, eine Aufführung dieses Werkes hat Schubert nicht mehr erlebt.
Und auch Wolf bleibt dem ruhigen Grundton nicht immer stoisch treu, sondern erlaubt sich zuweilen einen winzigen Ausbruch wie in der Vertonung von E. Mörikes „Begegnung“, die vergleichsweise lustig daher kommt und mit einem kurzen, aber amüsanten Ende überrascht.
Auch diesen kleinen Eigenarten Schuberts und Wolfs schenkten Nico Heinrich und Jihun Yu in ihrer Darbietung jeweils fein ausbalancierte Beachtung.
Die rund 120 Gäste honorierten das Duo für diesen hochkarätigen Liederabend mit anhaltendem Applaus.
Dank der Bürgermeisterin
Bürgermeisterin Renate Offergeld dankte den beiden Musikern für dieses wundervolle Konzert und dem Ehepaar Franke für die Bereitstellung der Atelierräumlichkeiten, die, wie schon zu manch anderem Konzert während der vergangenen Kulturwochen, wieder einen außergewöhnlich stilvollen Rahmen bildeten.
Besonders hervor hob Offergeld, dass Hausherr Michael Franke zu dieser Veranstaltung eigens aus Siena angereist sei, wo zurzeit im dortigen Palazzo Publico seine große Ausstellung „Antron“ zu sehen ist.
Für die kommenden zwei Wochen voller Kultur-Termine, auf deren Vielfalt die Bürgermeisterin in ihrer Begrüßungsansprache und offiziellen Eröffnung der diesjährigen Wachtberger Kulturwochen zu Beginn des Konzertes näher eingegangen war, wünschte sie abschließend allen Gästen noch viele interessante Kunst-Erlebnisse in Wachtberg.